Hier mal zwei verschiedene Varianten des ersten Takes unseres Probemitschnitts auf Tonband. Einer der beiden ist im Rechner gemischt, nachdem ich die Spuren direkt von der Bandmaschine importiert habe. Der andere ist analog mit dem Mischpult auf die Mastermaschine aufgenommen und erst dann digitalisiert worden. Ich sag mal nicht dazu, was was ist... Beide sind in wenigen Minuten hingerotzt, also voller Mischfehler, deshalb bitte nichts veröffentlichen! Ist auch von den aufgenommenen Takes der schlechteste. Nur mal für Euch zum hören.
Moin die Herren. Also, der Vergleich ist für mich ziemlich schwierig. Das liegt einerseits daran, dass die 2 wesentlich lauter als die 1 ist und dass sich beide Mischungen schon ganz schön unterscheiden. Weiter scheint mir die 2 etwas verzerrt zu sein, was die Beurteilung zusätzlich erschwert. Aber ich versuch's mal trotzdem:
2 positiv: detailreich, räumliche Ortung, offen 2 negativ: hart (kann aber an den von mir vermuteten Verzerrungen liegen)
Nochwas: Die Snare bei 1 klingt schon recht fett im Vergleich zur 2 (von stellenweisem Clipping mal abgesehen). Da aber der Snaresound im Rock und Roll eine essentielle Bedeutung für den Gesamtsound hat, für Groove und Zusammenhalt sorgt und zu einem wichtigen Teil zum Klangeindruck eines Titels beiträgt, wirkt sich das natürlich auf die Beurteilung aus. So ist es jedenfalls bei mir und meines Wissens bin ich damit nicht allein (getreu dem zugegeben etwas vereinfachten Motto der Tonwelt: was soll man hören, wenn man gaaanz leise dreht und eigentlich nichts mehr hört? Genau, Gesang und Snare). Es kann also sein, dass meine Bemerkungen sehr subjektiv sind und mit dem wahren Geschehen nix zu tun haben. Ich bitte um Nachsicht.
Von ergänzendem Interesse wäre hier ein Vergleich von Einzelinstrumenten wo beide Varianten unter idealerweise gleichen Bedingungen (Mikro, Raum, Abstand Mikro zur Quelle, Pegel, Spielweise) entstanden sind ... und eine möglichst gleiche Mischung (Pegel, Verteilung, Lautheit) ohne jegliche FX.
Vielen Dank lieber Dixe für die ausführliche Schilderung Deiner Höreindrücke. Zur Auflösung: Version 1 ist im Rechner gemischt, Version 2 mit dem Analogpult. Wie schon im "Disclaimer" erwähnt, sind beide Mischungen in jeweils etwa 10 Minuten entstanden und weit entfernt von ernsthaften Ambitionen, einen stimmigen Wohlklang zu erzeugen. Systembedingt sind sie auch schlecht zu vergleichen - bzw. hatte ich ursprünglich ja gar keinen Blindtest im Sinne und habe einfach mit den mir jeweils zur Verfügung stehenden Mitteln und Zeit versucht, die bereits mit Mikrofonierungsfehlern zu Band gebrachte Aufnahme halbwegs anhörbar zusammenzurühren. Der dann doch entstandene Vergleich ist etwas unfair, da ich im Rechner natürlich feinste Kompressoren und EQs in Hülle und Fülle, sowie auch Hall verfügbar hatte und auch verwendet habe. Im Analogen Reich beschränkte sich das Werkzeug auf die (Nicht Pultec-)EQs des Mischpultes und ein selbstgebautes Bandschleifenecho, welches auch dank eines Routingfehlers die Instrumente in den Raumspuren verwässert...
Mit den Verzerrungen hast Du völlig recht, die sind da. Einerseits waren die Preamps des Mischpultes schon beim Aufnehmen teilweise am Limit und darüber (anscheinend läuft das Pult auf +4 dB oder so!?) und dann sind die solcherart aufgenommenen Spuren ja beim Mischen nochmal mit hohem Pegel in die Preamps gerauscht und konnten mangels Pad auch nicht beschwichtigt werden. Da könnten wir bei Gelegenheit auch noch ein wenig technische Nachhilfe gebrauchen... ;-)
Wenn es die Zeit erlaubt, können wir ja demnächst mal einen ordentlichen Blindtest unter vergleichbaren Bedingungen anstrengen.
Zuletzt noch mein persönlicher Eindruck beim Umgang mit den Spuren: Der Analogmix auf der Mastermaschine (die 2) hatte von Haus aus eine "luftige Kompaktheit", die beim digitalen Mischen der Einzelspuren selbst unter mühsamem Einsatz vieler Plugins nur schwer bis gar nicht rekonstruiert werden konnte. Zwar ist diese Version letztendlich scheinbar "fetter" geworden. Dies aber m.E. stark auf Kosten von Dynamik und Auflösung. Allem voran hat das Bandmaster eine Magie in den Mitten, die ich so nie aus einem Rechner kommen höre. Ich denke, dieses Phänomen gilt es schon zu verfolgen. Wenn erst mal noch feine analoge Preamps, EQs und Kompressoren verfügbar sind, droht ein Weltklang zu entstehen... ;-)
Du wirst lachen, ich hab von Anfang an vermutet, dass die 1 digital war ;-) Schon die Snare klingt so analog, dass sie nur digital sein kann ... Das mit den Mitten auf Band kann ich gut nachvollziehen, das ist auch mein Eindruck hier bei meiner Maschine. Problem Pegel der Preamps: Um vernünftige Signale zu erzeugen, sollten diese NIEMALS ins Clipping gehen (Ausnahme: schweineteure High-End-Pulte wie Neve oder AMEK oder SSL ... und natürlich qualitativ hochwertige Stand-Alone-Preamps). Wenn das Pult nur +4 dB macht, hast du ein Problem. Einen sättigenden Pegel auf das Band zu bekommen wird schwer, denn normalerweise läuft das Signal direkt aus den Preamps vom DirectOut aufs Band. Im unteren Preissektor machen nur die Mackies (ob es da jetzt auch noch andere gibt, weiß ich nicht, ich habe mich seit 2007 nicht mehr mit Analogpulten beschäftigt) etwa 20 dB, damit kann man dann arbeiten.
Aufnahmen mit Band sind das Eine. Ein weit größeres Problem sehe ich im Mischen. Um einen halbwegs konkurrenzfähigen Sound hinzubekommen (ich rede jetzt nicht von einem Klangideal oder bestimmten Charakter) braucht man jede Menge an ordentlichem Outboard-Gerümpel. Für eine Analoge Mischung von 16 + FX Kanälen ohne Automatisation braucht man dann auch noch 4 bis 6 Hände. Großes Thema ist auch die Phasenlage (vor allem in Hinblick auf Vinyl), die analog schwierig zu kontrollieren ist und daher bereits bei der Aufnahme stimmen muss.
"Klingt so analog, dass es nur digital sein kann" - Sehr fein! ;-)
Mit den +4 dB meinen wir glaube ich verschiedene Dinge. Ich habe zugegebenermaßen überhaupt keine Peilung auf dem Gebiet, aber es gibt doch diese +4dB/-10dB Sache. Und ich habe gelesen, dass man das Pult diesbezüglich intern umjumpern kann. Wir hatten jetzt eher das Problem, dass zu viel Pegel da war, deshalb meine Vermutung, dass die Einstellung zu unseren Ungunsten gewählt ist. Soll heissen, manche Signale fahren den zugedrehten Preamp schon auf +6 dB auf der Anzeige. Spätestens beim Mischen fängts dann an zu clippen, weil das solcherart aufgenommene Signal den Preamp noch mal durchläuft.
Das mit den 4-6 Händen habe ich auch bemerkt ;-)
Ordentliches Outboard gerümpel trachte ich eventuell stück für Stück selbst herzustellen. Es gibt da feine und erschwingliche Bausätze für la2a, 1176 und co. Ich werde mich baldigst mal an einem Neve 1073 Channelstrip versuchen :-)
Oha, klanggebende Lötarbeiten ... das ist toll. Habe von einem Kollegen gehört, dass das recht ordentlich gehen soll.
-10 dB ist Consumerstandard (die übliche Anlage im Wohnzimmer) und drückt eigentlich die anliegende (oder anzuliegen habende - Deutsch ist geil) Spannung aus (Nennpegel in dBu). Ein CD-Player macht genau das und der Verstärker ist dafür gebaut, dies ohne Verzerrung zu verarbeiten. Im tonschaffenden Gewerbe ist das anders, hier ist das kurz erklärt: https://adt-audio.de/ProAudio_Grundlagen.../Nennpegel.html (im letzten Abschnitt stehen die für dich relevanten Zahlen). Die +4 des Pultes sind also ziemlich wenig im Vergleich mit deiner sonstigen Audioumgebung. Das Pult dürfte ein fett ausgesteuertes Signal von der Maschine ohne PAD ins Clipping treiben.